Gesellschaft

Ein Blick zurück . . .

. . . auf das Jahr 1968. In vieler Hinsicht war es ein Schicksalsjahr und ein Jahr, dass seine Fußstapfen in der Geschichte hinterlassen hat:
Das Massaker von My Lai am 16. März 1968 , bei dem eine US-Einheit 507 Dorfbewohner – überwiegend Kinder, Frauen und Alte – umbrachten, stellte den moralischen Tiefpunkt im Vietnamkrieg dar. In den USA – und in vielen anderen Ländern – wuchsen die Proteste gegen den Krieg, vielfach von Studenten getragen. In der US-Regierung setzte sich zwar die Erkenntnis durch, dass der Vietnamkrieg nicht mehr zu gewinnen sei, aber es dauerte letztlich noch weitere fünf Jahre bis die USA ihre Truppen aus Vietnam abzogen. Der Krieg, der 1955 begann, endete erst 1975 mit der vollständigen Einnahme Saigons. Insgesamt starben zwischen zwei und fünf Millionen Nord- und Südvietnamesen. Außerdem fielen über 58.000 US-Soldaten sowie über 5.000 Soldaten verbündeter Staaten.
Die Ermordung von Dr. Martin Luther King auf dem Balkon des „Lorraine“-Motels in Memphis am 4. April 1968 führte zu schweren Unruhen und Demonstrationen im ganzen Land; 39 Menschen starben, tausende wurden verletzt und rund 21.000 Personen wurden verhaftet.
Am 5. Juni 1968 wurde ein Attentat auf Robert F. Kennedy verübt, dem Bruder des ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy. Ein Tag später erlag er seinen schweren Verletzungen. Robert F. Kennedy war aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat der Demokraten. Von seinem Tod profitierte der republikanische Präsidentschaftsbewerber Richard M. Nixon, der dann auch die Präsidentenwahl gewann.

In Deutschland wurde am 11. April 1968 ein Anschlag auf den Studentenführer Rudi Dutschke verübt, das dieser lebensgefährlich verletzt überlebte. Das Attentat löste schwere Unruhen aus. Die Studenten machten insbesondere die „hemmungslosen Hetzkampagnen der Springer-Presse und des Berliner Senats“ dafür verantwortlich. An den Protesten und Aktionen beteiligten sich insgesamt 400.000 Menschen in 27 Städten.

Im Mai ’68 lähmten Proteste und Streiks das Nachbarland Frankreich. Ausgehend von Studentendemonstrationen griff die Protestbewegung – anders als in Deutschland – auf die gesamte Bevölkerung über. Hohe Arbeitslosigkeit, Unzufriedenheit mit den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen waren die Gründe. Die Gewerkschaften riefen zum Generalstreik auf, es kam zu Fabrikbesetzungen, Verkehr und Wirtschaft brachen zusammen. Ende Mai löste Staatspräsident Charles De Gaulle die Nationalversammlung auf und setzte Neuwahlen an.

In der CSSR wurde mit dem Einmarsch von etwa einer halben Million Soldaten des Warschauer Paktes in der Nacht vom 20. auf den 21. August 1968 der „Prager Frühling“ beendet. Trotz Widerstand und Protesten der breiten Bevölkerung mit 100 Toten diktierte Moskau die Rücknahme der Reformen der Dubcek-Regierung. Ende August zwangsnormalisierte sich das Leben in der CSSR.

Neben diesen – vor allem negativen – politisch-gesellschaftlichen Ereignissen gibt es aber auch eine ganze Reihe schöner Dinge aus dem Bereich Kunst und Kultur, an die man sich gerne erinnert:
Am 4. Januar 1968 wurde der deutsche Spielfilm „Zur Sache, Schätzchen“ der jungen Regisseurin May Spils uraufgeführt; in den Hauptrollen Werner Enke und Uschi Glas. Die heitere Komödie, die die Atmosphäre Schwabings spiegelt, wurde zum Kultfilm.

Ein anderer Kultfilm hatte am 6. September 1968 in Deutschland Premiere: „Die Reifeprüfung“ mit Dustin Hoffman und den Songs „Mrs. Robinson“ und „Sound of Silence“ von Simon & Garfunkel.

 

Bleiben wir bei Musik und Film: Am 17. Juli 1968 fand in London die Uraufführung des Zeichentrickfilms „The Yellow Submarine“ mit Musik der Beatles statt.

Die Jahreshitparade der Nr. 1 Hits (Quelle: Wikipedia) spiegelt die unterschiedlichen Gemütslagen in Deutschland wider:
Platz 1: Heintje mit „Mama“
Platz 2: Heintje mit „Du sollst nicht weinen“
Platz 3: Tom Jones mit „Delilah“
Platz 4: Heintje mit „Heidschi Bumbeidschi“
Platz 5: Peter Alexander mit „Der letzte Walzer“ und endlich auf
Platz 6: The Beatles mit „Hey Jude“ (Platz 7 in UK und Platz 1 in den USA) und auf
Platz 22: The Rolling Stones mit „Jumpin‘ Jack Flash“

Und immerhin: Vom 25. – 29. September fanden die „Internationalen Essener Song-Tage 1968“ mit 40.000 Zuschauern und über 200 Künstlern statt. Der Kölner Journalist Rolf-Ulrich Kaiser versammelte alles, was sich in der Musikszene als kulturrevolutionär bezeichnete, eine bunte Mischung: z. B. Politbarde Franz Josef Degenhard, die britische Rocksängerin Julie Driscoll, Blues-Größe Alexis Korner, Frank Zappa’s Mothers of Invention, die Folk-Rockgruppe City Preachers oder Floh de Cologne mit Rock-Kabarett. Die „Song-Tage“ boten auch erstmals bundesdeutschen Bands wie Amon Düül, Guru Guru und Tangerine Dream ein größeres Forum.

Sicher gibt es noch jede Menge anderer wichtiger Ereignisse, die im Jahr 1968 stattfanden. Das hier ist eine subjektive Auswahl an Themen, die ich in der Erinnerung mit 1968 verbinde.